Wer erklärt mir meinen Arztbrief? Hilfreiche Tools im Netz

Die eigenen Arztbriefe verstehen – ein hoffnungsloses Vorhaben?

Zugegeben: Selbst uns Ärzten fällt es manchmal schwer, so manchen Brief unserer eigenen Kollegen richtig zu verstehen. In einer Studie der Universität Düsseldorf gaben von 200 befragten Medizinern ganze 99% Probleme beim Verständnis von Arztberichten an. Also so gut wie alle! Ein recht denkwürdiges Ergebnis, wie ich finde.

Mit Fremdwörtern gespickte, ellenlange Sätze machen es für Nicht-Mediziner quasi unmöglich, das Kauderwelsch in ihren eigenen Arztberichten nachzuvollziehen. Herauszufinden, mit welchen gesundheitliche Problem man jetzt eigentlich konfrontiert ist – ein Ding der Unmöglichkeit.

Natürlich ist es erstmal Aufgabe der behandelnden Ärzte, so gut wie möglich das Chaos zu lichten, die wichtigsten Dinge zu klären und Informationen zu geben. Aber die sind eben nicht immer greifbar, wenn Fragen auftauchen. Und richtig viel Zeit haben sie meistens auch nicht.

Damit die knappe Zeit in der Sprechstunde gut genutzt werden kann, finden Ärzte es grundsätzlich gut, einen informierten Patienten vor sich sitzen zu haben. Dadurch fällt die Kommunikation leichter, es können die richtigen Fragen gestellt werden und auch die Motivation für gesundes Verhalten ist höher. Kurz und gut: Wir sagen JA zur Eigeninitiative!

Denn: Wer grundsätzlich versteht was er eigentlich hat, kann das “gesund werden” auch viel besser aktiv beeinflussen. Die Zeiten, in denen der Arzt die komplette Verantwortung für die eigene Gesundheit übernommen hat, sind vorbei. Und da ist eine gründliche Internetrecherche zum eigenen Arztbrief meist der erste Schritt, weil die Infomationen im Netz erstmal leicht verfügbar erscheinen.

Ich benutze mit Absicht das Wort “erscheinen”. Mir begegnen täglich Menschen, die mehr oder weniger vergeblich versucht haben, selbstständig ihre Befunde zu entschlüsseln. Fachbegriffe wie “Cholezystolithiasis” oder “Osteochondrose” geben Rätsel auf und so richtig weiß eigentlich niemand etwas damit anzufangen, wenn man keine medizinische Ausbildung hat. Die Informationen, die wir im Netz zu unseren Diagnosen finden, tragen oft auch nicht wirklich zum besseren Verständnis bei, schlimmer noch: Sie verunsichern zusätzlich und sind häufig auch schlicht und ergreifend falsch.

Welche sinnvollen Tools gibt es also, um Licht ins Dunkel des medizinischen Fachchinesisch zu bringen und die eigenen Arztbefunde besser zu verstehen? Ich hab ein paar Beispiele für Euch zusammengetragen, die kostenlos im Netz verfügbar sind.

Hilfe zu Selbsthilfe

1. www.washabich.de

Bereits seit dem Jahr 2011 können Patienten auf www.washabich.de ihre medizinischen Befunde von Medizinstudenten in höheren Semestern kostenlos in eine leicht verständliche Sprache “übersetzen” lassen. Über die Website ist es möglich, die eigenen Arztberichte und Befunde online einzureichen. Im Hintergrund arbeiten hunderte Medizinstudierende und Ärzte ehrenamtlich, um die eingereichten Dokumente zu “vereinfachen”. Nach einer Wartezeit von höchstens einer Woche erhält man den übersetzten Befund. Toll, wenn auch etwas Geduld erforderlich 🙂

2. www.befunddolmetscher.de

Das Angebot von www.befunddolmetscher.de wurde gemeinsam von der Bertelsmann Stiftung und den Gründern von www.washabich.de entwickelt. Die Seite bietet einen ähnlichen Service wie washabich.de, nur in automatisierter Form. Patienten können hier einzelne Begriffe ihrer Befunde eingeben und sich übersetzen, bzw. erklären lassen. Das Ergebnis ist natürlich etwas weniger persönlich, aber dafür sofort verfügbar und auch schon sehr hilfreich.

3. www.netdoktor.de

Die Seite www.netdoktor.de bietet verständlich aufbereitete Informationen zu verschiedenen Bereichen wie Diagnosen, unterschiedlichen Symptomen, Therapien, Untersuchungsmethoden und Laborwerten. In meinen Augen besonders sinnvoll ist der Laborwert-Checker, bei dem man eigene Werte eingeben kann und dann eine Erklärung zu dem vorliegenden Ergebnis bekommt und ob es im Normbereich liegt oder nicht. Auf der Website sind aber noch viele andere nützliche Dinge zu finden, wie ein Symptom-Checker, eine Liste der ICD-10-Diagnosen, Informationen zu alternativen Therapien und vieles mehr.

4. www.krebsinformationsdienst.de

Nicht ganz im Thema, aber trotzdem dabei, weil eine tolle Sache: Für Krebspatienten und deren Angehörige bietet www.krebsinformationsdienst.de ein umfassendes und online verfügbares Wissen zu Krebserkrankungen, Diagnostik und aktuellen Therapieoptionen. Am Telefon und per Email kann man sich kostenlos individuelle Informationen geben lassen und erhält Unterstützung bezüglich guter Ansprechpartner, wichtiger Therapieentscheidungen, oder einfach nur ein offenes Ohr.

Was uns in Zukunft erwartet…

Wie bereits am Anfang erwähnt, gaben in einer Umfrage der Universität Düsseldorf 99% (!!!) der befragten Ärzte an, dass die Qualität der Arztbriefe die sie täglich erhalten, zu wünschen übrig lässt. Ganze 88% waren der Meinung, dass unverständliche oder fehlerhafte Arztbriefe zu Behandlungsfehlern führen können. Der Leidtragende ist letztendlich der Patient. Doch es gibt Licht am Horizont:

Arztberichte werden zu Zeit noch hauptsächlich im Freitext erstellt und sehen bei jedem Arzt anders aus. Daten gehen durch schlechte Dokumentation verloren, es finden sich fachliche und inhaltliche Fehler und Textbausteine werden sinnfrei aneinander gereiht.

Das Münchner Start-Up  Smart Reporting möchte  nun die Befunderstellung revolutionieren: Sie haben eine intelligente Software entwickelt, die Ärzten medizinische Entscheidungsbäume zur Verfügung stellt, aus denen automatisch ein präziser und strukturierter Befundtext generiert werden kann. Für verschiedene Bereiche der Radiologie und Pathologie kann die Software von Ärzten bereits getestet werden. Vielleicht ein erster Schritt, um den ganzen Prozess zu vereinfachen und es in Zukunft sowohl den Ärzten, als auch den Patienten leichter zu machen.