Zu allererst einmal: Hautkrebs ist nicht gleich Hautkrebs. Unter diesem Oberbegriff werden verschiedene Neubildungen der Haut zusammengefasst, die ganz unterschiedliche Eigenschaften haben.
Wenn wir vom “bösartigen Hautkrebs” sprechen sprechen wir meist vom malignen Melanom, dem schwarzen Hautkrebs. Außerdem gibt es noch den hellen Hautkrebs (zu dem das Basalzellkarzinom und das Plattenepithelkarzinom gehören) und einige weitere sehr seltene Hautkrebsformen, auf die wir hier nicht näher eingehen möchten. In diesem Artikel geht es in erster Linie um die Erkennung des schwarzen Hautkrebs, das maligne Melanom.
Das maligne Melanom wird deshalb als der “bösartige Hautkrebs” bezeichnet, weil es schon in sehr, sehr kleinem Zustand Metastasen in Lymphknoten und anderen Organen bilden kann und dann eine kurative Therapie natürlich immer schwieriger wird.
Wie bei allen Krebsarten ist es also besonders beim schwarzen Hautkrebs essentiell wichtig, ihn früh genug zu erkennen, um ihn rechtzeitig zu entfernen zu können und die bestmöglichen Heilungschancen zu haben. Leider beobachten wir trotz aller Vorsorgeangebote seit Jahren einen kontinuierlichen Anstieg der Häufigkeit und es gibt jedes Jahr weltweit mehr als 250.000 neue Fälle.
Hautkrebs erkennen mit dem menschlichen Auge
Ab 35 Jahren wird alle 2 Jahre von den gesetzlichen Krankenkassen das “Hautkrebsscreening” beim Hausarzt oder beim Dermatologen bezahlt. Der Arzt untersucht hier den kompletten Körper nach auffälligen Hautveränderungen.
Die Regel, die er dabei anwendet, und die grundsätzlich hilft, harmlose von verdächtigen Flecken zu unterscheiden, ist die ABCDE-Regel:
- A für Asymmetrie – auffällig sind eine ungleichmäßige und aus der Norm fallende Form
- B für Begrenzung – verdächtig ist eine eher verwaschene, gezackte Begrenzung statt glatt und rund
- C für Colour (Farbe) – keine gleichmäßige Farbe, sondern unterschiedliche Hell- und Dunkelschattierungen innerhalb eines Muttermals gelten als verdächtig
- D für Durchmesser – eine Größe über 5 mm ist in jedem Fall kontrollbedürftig, ebenfalls eine halbkugelige Form
- E für Evolution – grundsätzlich alle sich in irgendeiner Form verändernden Muttermale sind vom Arzt zu kontrollieren
Bilder vom malignen Melanom findet ihr zum Beispiel hier.
Dabei verläßt man sich als Patient natürlich auf die Augen und die Erfahrung des entsprechenden Arztes. Aber: Es gibt eine Studie, die ergeben hat, dass Ärzte Melanome auf Bildern nur zu 86% richtig erkannt haben. Erhielten sie zusätzliche Informationen (wie Alter, Geschlecht oder Lokalisation der Hautstelle) zu den Patienten, erhöhte sich die Erkennungsquote auf 89%. Bleibt eine doch nicht unerhebliche Fehlerquote von fast 10%. (Link zum Artikel)
Kann eine künstliche Intelligenz Hautkrebs besser erkennen?
In der gleichen Studie wurde das Ergebnis mit den Erkennungsquoten einer von Google entwickelten künstlichen Intelligenz verglichen. Das hierfür verwendete künstliche neuronale Netz (CNN) wurde vorher mit 100.000 Bildern von Melanomen und unauffälligen Hautveränderungen trainiert, die jeweils mit der richtigen Diagnose verknüpft waren. Nach der Trainingsphase konnte das CNN 95% der ihm gezeigte Melanome richtig erkennen, und war damit zuverlässiger als die beteiligten erfahrenen Hautärzte. Ein Ergebnis, das definitiv zu denken gibt.
Was können die zur Verfügung stehenden Smartphone-Apps?
1. Skin Vision – Hautkrebscheck
- Download: iOS, Android
- Kosten: kostenloser Download, Beurteilung des ersten Muttermales kostenlos, danach jedes weitere 4,99 Euro, oder Upgrade auf Skin-Health-Programm für 29,99 Euro/Jahr
Die App SkinVision kann über einen klinisch getesteten Algorithmus innerhalb von wenigen Sekunden Auskunft darüber geben, ob das Hautkrebsrisiko bei einzelnen Muttermalen niedrig, mittel oder hoch ist. Dabei vergleicht die App das Foto, das Du mit dem Smartphone gemacht hast, mit einer Datenbank von mehreren Millionen Bildern von Hautveränderungen. Diese Bilder wurden vorher von Dermatologen mit der richtigen Diagnose befundet. Und nicht nur das: Wird Dein Muttermal von SkinVision in eine hohe Risikostufe eingeordnet, wirst Du innerhalb weniger Tage von einem Dermatologen kontaktiert, der Dich über die notwendigen Schritte informiert. Ebenfalls hilfreich ist die Möglichkeit, die einzelnen Bilder abzuspeichern und so über einen längeren Zeitraum die Entwicklung Deiner Muttermale beobachten zu können.
Bleibt noch die Frage: Kann ich mich auf die Einschätzung der App verlassen? Die Universitätsklinik München sagt ja – mit Einschränkung. In der von ihnen durchgeführten Studie ergab sich eine Genauigkeit von 81%, die damit etwas unter der Genauigkeit einer Einschätzung durch einen erfahrenen Dermatologen lag.
Damit wäre die App durchaus für eine erste Einschätzung von Muttermalen geeignet. Eine endgültige Diagnose durch einen Hautarzt ersetzt sie jedoch nicht. Zumindest noch nicht, denn der Algorithmus lernt ja ständig dazu 🙂
2. Miiskin – Melanoma Skin Cancer
Miiskin ist eine Art Fototagebuch für Muttermale. Die App gibt im Gegensatz zu SkinVision keinerlei Einschätzung der fotografierten Hautveränderungen. Es ist möglich, die betroffenen Stellen zu fotografieren und ihnen eine Lokalisation zuzuweisen. Für die abgespeicherten Leberflecke kann man über die App verschiedene Reminder einstellen, wann sie nochmal kontrolliert werden sollten, und dann die Fotos miteinander vergleichen. Übersichtlich, aber letzten Endes könnte man sich auch einen Foto-Ordner auf dem Smartphone anlegen.
3. iDoc24 – Dermatologie Online
- Download: iOS, Android
- Kosten: kostenloser Download, pro Konsultation 19,99 Euro (Rückmeldung in 48 h), 30,99 Euro (Rückmeldung in 24 h), 54,99 Euro (Rückmeldung in 8 h)
Hier geht es nicht nur um das Melanom, sondern auch mit anderen Hauterkrankungen kannst Du dich an iDoc24 wenden. Die App verspricht schnellen Kontakt zu einem Dermatologen, dem man das betreffende Hautproblem per Bild und kurzer Beschreibung übermitteln kann. Für Dein Geld bekommst Du eine Verdachtsdiagnose und einen Therapievorschlag. Endgültige Diagnosen darf iDoc24 nicht stellen und auch Rezepte sind nicht möglich. Der Anbieter geht davon aus, dass sich über 70% der Fälle die geschilderten Symptome mit einem rezeptfreien Medikament bereits bessern lassen. Auch führt laut iDoc24 die telemedizinische Begutachtung von Hautkrankheiten in bis zu 90% zur gleichen Diagnose, wie der Besuch beim Hautarzt. So möchte die App Dir unnötige Besuche beim Hautarzt in leichten Fällen ersparen.
Fazit….
Man muss ganz klar sagen, eine Beurteilung Deiner Leberflecke durch den Hautarzt kann zur Zeit durch die verfügbaren Apps noch nicht zu 100% ersetzt werden. Die App SkinVision ist in der Einschätzung zwar schon recht zuverlässig, aber eben nicht so zuverlässig, dass man sich den Besuch beim Arzt sparen kann.
Grundsätzlich eignet sich das Thema Haut für eine telemedizinische Beurteilung aber natürlich gut. Bei Hautveränderungen ist eben nicht immer nur die eindimensionale Frage Melanom ja/nein zu beantworten. Beispielsweise ein Plattenepithelkarzinom oder ein Basaliom könnte durch Apps wie SkinVision nicht erkannt werden. Hier sind die verschiedenen Differentialdiagnosen im Kopf des Dermatologen durch einen Algorithmus einfach (noch) nicht zu ersetzen. Eine App wie iDoc24 (oder auch andere telemedizinische Angebote) wären hier ein Lösungsansatz. Da jedoch bisher aus rechtlichen Gründen weder eine endgültige Diagnose, noch Kassenrezepte möglich sind, muss man in vielen Fällen – trotz des recht hohen Preises – trotzdem zum Arzt.
Ein nicht zu unterschätzender Vorteil von Apps wie SkinVision ist in meinen Augen jedoch die grundsätzliche Sensibilisierung für das Thema Hautkrebs und dessen Früherkennung. Durch die einfache Handhabung und Verfügbarkeit werden mit Sicherheit auch Patienten, die normalerweise überhaupt nicht zur Hautkrebsvorsorge gehen würden, zu einem Check motiviert und auf bestehende Probleme aufmerksam gemacht. Also alles richtig gemacht 🙂