Dein Schlaf ist besser, als Du denkst – Schlafstörungen richtig einschätzen

Wie gut oder schlecht schlafen wir eigentlich?

Schlafstörungen sind eine Volkskrankheit. Wir schlafen schlecht ein und schlecht durch, wachen nachts häufig auf und stundenlanges Wachliegen ist bei vielen Menschen an der Tagesordnung. Fast jeder 3. Erwachsene klagt über Probleme beim Ein- und Durchschlafen. Nicht jedes Schlafproblem ist jedoch medizinisch gesehen eine richtige Schlafstörung, und schon gar keine chronische. Man unterscheidet grundsätzlich:

  • Akute Schlafstörung: Dauer unter 4 Wochen
  • Subakute Schlafstörung: länger als 4 Wochen und unter 6 Monaten
  • Chronische Schlafstörung: Dauer über 6 Wochen

Für ungefähr die Hälfte der Schlafstörungen kann eine organische oder eine psychische Ursache gefunden werden. Hier ist der schlechte Schlaf sekundär, also nur das Symptom einer anderen Erkrankung. Die Therapie besteht in der Behandlung der Grunderkrankung und ist oft erfolgreich, wenn man das Problem schnell genug erkennt. Häufige organische Ursachen wären zum Beispiel eine Schilddrüsenüberfunktion oder das Restless-Legs-Syndrom. Auf psychischer Ebene liegt oft eine Depression oder eine Angststörung zugrunde. Wenn man länger als 4 Wochen nicht gut schläft, lohnt sich also der Gang zum Hausarzt auf jeden Fall.

Kompliziert wird es, wenn sich ohne eine behandelbare Erkrankung eine chronische Schlafstörung entwickelt. Meist gibt es zu Beginn einen konkreter Grund für das Problem. Stress auf der Arbeit oder in der Beziehung, Geldprobleme oder Umgebungslärm: Die Ursachen sind vielfältig.

Ich schlafe schlecht und weiss gar nicht warum…

Wir alle kennen diese Nächte, in denen man sich ins Bett legt und vor lauter Grübeln nicht einschlafen kann. Die Phasen, in denen man schlecht schläft, sind normalerweise vorbei, wenn sich der Stress legt und wir können wieder gut schlafen. Manchmal verselbständigen sich die Schlafprobleme jedoch und es entsteht ein Kreislauf aus Anspannung und Schlaflosigkeit, der jahrelang anhalten kann, eine sogenannte “Chronifizierung”.

Der Grund dafür ist ein erlerntes Verhalten. Das akute Schlafproblem wird von uns wahrgenommen und wir fangen an, uns mehr und mehr Sorgen um das Ein- und Durchschlafen zu machen. Wir grübeln abends im Bett nicht mehr über das ursprüngliche Problem, sondern über das Schlafen selbst. Wie sollen wir eine weitere schlechte Nacht überstehen und den nächsten Tag auf der Arbeit überleben? Wir sind ärgerlich über uns selbst und viele Menschen empfinden ihre Schlaflosigkeit zusätzlich als Kontrollverlust über das eigene Wohlbefinden. Obwohl wir vermeintlich alles für einen guten Schlaf tun, liegen wir trotzdem Nacht für Nacht wach. Diese negativen Gedanken führen zu immer neuen Schlafproblemen und es entsteht eine lästige Gewohnheit.

Ist mein “schlechter” Schlaf normal?

Ein wichtiger Faktor bei der Entwicklung eines chronischen Schlafproblems ist die eigene Bewertung der Schlafqualität. Und die ist häufig deutlich schlechter, als der Schlaf tatsächlich ist.

Grundsätzlich gilt: Guter Schlaf bedeutet nicht, dass man 8 Stunden am Stück so tief schläft wie ein Stein ohne aufzuwachen, das ist bei jedem Menschen anders. Viel mehr kommt es auf die Dauer des Tiefschlafes an. Den brauchen wir, um uns zu erholen, für die Zellerneuerung und für unser Immunsystem. Dabei ist es individuell unterschiedlich, wieviel Schlaf wir brauchen, um ausreichend lange Tiefschlafphasen zu ermöglichen. “Kurzschläfern” reichen wenige Stunden, “Langschläfer” brauchen deutlich mehr.

Wenn wir mal wieder morgens aufstehen und das Gefühl haben, quasi gar nicht geschlafen zu haben, fällt es uns schwer das zu glauben, aber: Untersuchungen im Schlaflabor zeigen, dass es dem Körper fast immer gelingt, die Tiefschlafphase zumindest kurz einzuhalten. Selbst wenn wir nur wenige Stunden schlafen, verlängert sich in dieser Zeit bei Schlafmangel automatisch unsere Tiefschlafphase. Nicht die Anzahl der Stunden, sondern die “Effektivität” ist entscheidend und der Körper hat hier gut funktionierende Regulationsmechanismen.

Auch leichter Schlaf wird häufig so empfunden, als hätte man gar nicht geschlafen. Es ist ebenfalls normal, mehrfach in der Nacht aufzuwachen. Menschen ohne Schlafstörung merken diese Aufwachphasen gar nicht und schlafen direkt wieder ein. Bei Durchschlafstörungen ist man oft genau auf dieses “Aufwachen” gesprägt, empfindet es als besonders unangenehm und das wieder Einschlafen fällt schwer, weil das Gedankenkarussell wieder losgeht.

Hier kann man schon sehen, dass es zu einem ganz wichtigen Teil auf die eigene Einstellung zu unserem Schlafproblem ankommt. Falsche Erwartungen an den Schlaf, die uns selbst unter Druck setzen, können den Kreislauf von Anspannung und Schlaflosigkeit weiter verschlechtern. Entspannung ist also angesagt!

Was können Schlaftagebücher helfen?

Vielleicht hat Dein Arzt Dir empfohlen, ein Schlaftagebuch zu führen und Du fragst Dich, was das bringen soll.

Für Deinen Arzt ist ein Schlafprotokoll eine wichtige Informationsquelle, die ihm helfen wird herauszufinden, an welcher Art Schlafstörung Du leidest und was vielleicht die Ursache dafür sein könnte. Auch kann er Dir so Hinweise geben, was Du in Deinem Alltag evtl. verändern könntest, um Dein Schlafverhalten zu verbessern.

Ein Schlaftagebuch füllt man abends vor dem Schlafengehen und morgens nach dem Aufwachen aus. Es enthält Fragen über Dein Verhalten am Tag (Mittagschlaf, allgemeine Stimmung, Tätigkeiten, etc.) und in der Nacht (Einschlafen, nächtliches Aufwachen, Medikamente, etc.). Man sollte es mindestens 14 Tage lang führen, um eine sinnvolle Aussage treffen zu können.

Wie bereits erwähnt ist es erfahrungsgemäß so, dass wir dazu neigen, unsere Schlafprobleme viel dramatischer einzuschätzen, als sie tatsächlich sind. Ärzte nennen das einen “depressiven Wahrnehmungsstil”. Das ist natürlich kontraproduktiv hinsichtlich der Entwicklung der Schlafstörung, denn eigentlich sollen wir dem ganzen ja entspannt begegnen! Wenn wir die Nacht in der Erinnerung jeden Tag als katastrophal empfinden, steigt natürlich der Druck, den wir uns für die folgenden Nächte selbst machen.

Schlaftagebücher können Dir helfen, Deinen Schlaf etwas objektiver einschätzen zu können und häufig wirst Du feststellen, dass er gar nicht so schlecht ist, wie Du gedacht hast. Das wird Dir helfen, Dich zu beruhigen und Dir weniger Stress zu machen, wenn Du einmal nicht einschlafen kannst, oder nachts wach wirst.

Falls es Dich interessiert kannst Du hier ein Schlaftagebuch downloaden.

Schlafstörungen einschätzen mit Sleeptrackern:

Als digitale Alternative kommen Sleeptracker in Frage, die Dir recht detaillierte Informationen über deinen Schlaf geben können. Man platziert das Handy neben dem Kopfkissen und über Bewegungen der Matratze können die Tracker Tiefschlafphasen von Leichtschlafphasen unterscheiden und Dir Infomationen über Deine Schlafqualität, zum Beispiel Einschlafdauer und Durchschlafverhalten geben. Auch können sie Geräusche whrend der Nacht aufnehmen und registrieren, wenn Du nachts wachliegst und wie lange.

Ich habe ein paar Beispiele für gute Tracker für Dich zusammengetragen:

1. Sleep Cycle

  • Download: iOS, Android
  • Kosten: kostenloser Download mit optionalem Premium-Abo für 29,99 Euro/Jahr
  • Was die App kann: Detaillierte Schlafanalysen mit diversen Statistikoptionen und Diagrammen, Soundrecorder, Notizfunktion, Schlafphasen-Wecker mit verschiedenen Wecktönen, schon in der kostenlosen Version sehr hilfreich, Integration mit Apple Health

2. AutoSleep

  • Download: iOS
  • Kosten: Download 3,49 Euro
  • Was die App kann: Aufzeichnung von Schlafdauer, Schlafqualität und Schlafphasen mit der Apple Watch, Integration mit Apple Health

3. Pillow

  • Download: iOS
  • Kosten: kostenloser Download mit optionaler Premium-Version für 5,49 Euro
  • Was die App kann: Detaillierte Schlafanalyse, verschiedene Statistikoptionen und Diagramme, Schlafphasen-Wecker mit verschiedenen Wecktönen, Soundrecorder, viele Funktionen nur in der Premium-Version verfügbar, Integration mit Apple Health, kombinierbar mit der Apple Watch

4. Sleepzy

  • Download: iOS, Android
  • Kosten: kostenloser Testversion für 7 Tage, danach Premium-Abo für 41,99 Euro/Jahr
  • Was die App kann: Detaillierte Schlafanalyse mit verschiedenen Statistikoptionen, Schlafphasen-Wecker mit verschiedenen Wecktönen, Soundrecorder, Integration mit Apple Health, kombinierbar mit der Apple Watch

Zuviel Kontrolle ist auch nicht gut…

Mit dem Schlaf ist es grundsätzlich so, dass es sich meist nicht sehr positiv auswirkt, wenn wir zu akribisch darauf achten. Gut zu schlafen ist nicht bis in den letzten Winkel kontrollierbar, sondern das genaue Gegenteil ist der Fall: Wir müssen ein Stück Kontrolle aufgeben, damit es besser funktioniert. Sich zu viel um den Schlaf zu sorgen, wird unsere Schlafprobleme wahrscheinlich eher nicht verbessern. Es kann schon helfen, gelegentliche Schlafprobleme einfach als vorübergehend anzunehmen und sich nicht allzu viele Gedanken darüber zu machen.

Ich weiss, es klingt viel leichter, als es in Wirklichkeit ist…

Generelle Regeln zur Schlafhygiene können natürlich viel verbessern, wir sollten jedoch nicht unseren kompletten Tagesablauf darauf ausrichten, sondern einen entspannten Umgang damit versuchen.

Schlaftagebücher und Sleeptracker helfen uns, die Lage besser einzuschätzen. Sie können uns in vielen Fällen zeigen, dass wir besser schlafen als wir denken und uns bei einem entspannteren Umgang mit der Nachtruhe helfen. Oder uns auch zeigen, dass ein Besuch beim Arzt notwendig wäre.

Am Ende ist es nicht schlimm, wenn wir einmal eine Nacht wach sind, oder auch über eine längere Zeit weniger Schlaf bekommen, als uns normal erscheint. Unser Körper funktioniert trotzdem, und der notwendige Tiefschlaf bleibt in der Regel erhalten, auch wenn die Gesamtschlafdauer um ein paar Stunden verkürzt ist. Also versucht es entspannt anzugehen 🙂